Ethische Standards für das Contract & Claim Management

Ethische Standards für Das Contract Claim Management. Quelle: istockphoto Nr. 1164509588. Urheber: Martin Keiler. Alle Nutzungsrechte erworben durch 1155PM consultants GmbH
 

06.05.2024. Warum es wichtig ist, Fairness & Miteinander im Projekt zu definieren?

 

Contract & Claim Management sind Instrumente, die sich inhaltlich nur schlecht voneinander trennen lassen. Zunächst dient das Contract Management bei der initialen Vertragsgestaltung dazu das zwischen den Vertragsparteien eines industriellen Projektes geschuldete Leistungssoll zu definieren sowie die wechselseitigen Verpflichtungen des Miteinanders der Parteien im Projekt festzulegen. Tritt der Projektvertrag in Kraft, so sind beide Vertragsparteien dazu angehalten, den Vertrag zu verinnerlichen und kontinuierlich projektbegleitend die Vertragsbedingungen inhaltlich auszulegen und auf das Projekt anzuwenden.

 

Kommt es im Projektverlauf zu Änderungen, Abweichungen vom vertraglich vereinbarten Soll und/ oder zu Leistungsstörungen im Projekt, so setzt das Instrument Claim Management auf das Instrument des Contract Managements auf. Mit den Methoden des Contract Managements wird in Folge bestimmt, wie mit den Konsequenzen aus Änderungen, Abweichungen und Leistungsstörungen für die beteiligten Vertragsparteien umzugehen ist.

 

Vorgenannte Umstände implizieren, dass sowohl das Leistungssoll im Projekt sowie der Umgang mit Änderungen, Abweichungen und/oder Leistungsstörungen im Projekt vertraglich eindeutig festgelegt wurden und von den Vertragsparteien deckungsgleich verstanden („Leistungssoll“, „Umgang mit…) und angewendet werden.

Lückenlosigkeit & Eindeutigkeit schaffen Vertrauen

Werden schon bei der Vertragsverhandlung und -ausgestaltung, bewusst oder unbewusst, vertragliche Lücken gelassen, so ist eskalierenden Konflikten zwischen den Parteien Tor und Tür geöffnet. Nicht zu vergessen, dass zu Zeiten, in denen die Stimmung zwischen den Parteien noch „rosig“ ist (zum Zeitpunkt vor Vertragsabschluss), sich die Parteien vertraglich darüber einigen sollten, wie man spätere Konflikte im Projektverlauf zum Wohle des Projektes und des Miteinanders beider Parteien effizient löst. Hier ist eine kluge Wahl der anwendbaren Streitbeilegungsinstrumente durch die Vertragsparteien vonnöten.

 

Vorstehende Aspekte verdeutlichen, dass es im Sinne der Aufrechterhaltung dauerhafter partnerschaftlicher Geschäftsbeziehungen zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer von Projekten ist, die Vertragsgestaltung, Vertragsauslegung und Vertragsanwendung hohen ethischen Standards zu unterwerfen. Doch welche können dies sein? Im Folgenden sind, nicht abschließend, einige Beispiele genannt:

 

  1. Schaffung von Win-win-Situationen für beide Vertragsparteien durch Eindeutigkeit und Lückenlosigkeit des Vertrages?
  2. Keine Projektverträge „erkaufen“ durch Dumpingpreise und bewusst geschaffene vertragliche Lücken, um sich später mit dem Instrument des Claim Managements zu Lasten des Auftraggebers zu bereichern?  
  3. Fairness in der Vertragsgestaltung, -auslegung und -anwendung?
  4. Eigener wirtschaftliche Erfolg nur durch herausragende eigene fachliche Leistung?
  5. Aufrichtigkeit in der Kommunikation bei der Projektvorbereitung und-abwicklung?
  6. Verantwortungsbewusstsein für das Wohl des eigenen Unternehmens und das Unternehmens des Vertragspartners?
  7. .…?

Möglicher Mißbrauch von Contract & Claim Management

Contract & Claim Management lassen sich aber auch trefflich dazu missbrauchen, mit bewusst geschaffenen vertraglichen Lücken, zu knappen Fristen, umständlichen vertraglichen Prozeduren u.a. die am industriellen Projekt beteiligten Vertragsparteien wirtschaftlich zu benachteiligen. Dies deutet auf niedrige ethische Standards im Contract & Claim Management hin. Ziel ist es hierbei nicht, mit dem Projektpartner eine Win-win-Situation zu schaffen, sondern sich auf Kosten des vertraglichen Gegenübers zu bereichern. Keine Frage, dass dies wohl nicht zu dauerhaft stabilen und partnerschaftlichen Geschäftsbeziehungen führen wird?

Vorteil: beide!

Was sind die Vorteile eines hohen ethischen Standards für das eigene Contract & Claim Management? Es liegt auf der Hand, dass es ein Wettbewerbsvorteil für einen Auftragnehmer eines Projektes sein kann, wenn dieser:

 

  1. transparent mit dem Auftraggeber Lücken im Projektvertrag diskutiert und diese konsensual schließt;
  2. mit dem Auftraggeber wechselseitige Mitwirkungspflichten im Projekt klar definiert und die Konsequenzen der Verletzung dieser Mitwirkungspflichten im Vertrag festlegt;
  3. mit dem Auftraggeber im Projektvertrag klare Prozeduren zur Behandlung von Abweichungen/ Änderungen und Leistungsstörungen niederschreibt. In diesem Zuge ist es angeraten, im Projektvertrag auch festzuhalten, welche Nachweispflichten ein Anspruchsteller dem Anspruchsempfänger gegenüber hat, um seine Mehrforderungen zu substantiieren;
  4. seine hohen ethischen Standards im Contract & Claim Management aufzeigt (zum Beispiel durch ein für das eigene Unternehmen definierten Leitbilds des Contract & Claim Managements. Siehe hierzu auch unseren Fachartikel im Fachartikelarchiv unserer Website) und die Einhaltung dieser hohen ethischen Standards sowohl bei Vertragsverhandlung, als auch bei der Vertragsabwicklung tagtäglich beweist.

Erlebt ein Auftraggeber eines Projektes, dass ein potentieller Auftragnehmer schon bei der Vertragsverhandlung sich fair und nachvollziehbar handelnd auf Basis hoher ethischer Standards im Contract & Claim Management verhält, so schafft dies für ihn, den Auftraggeber Planungssicherheit in punkto Investitionskosten, Termintreue und Projektqualität.

 

Hat ein Auftraggeber ebenfalls hohe ethische Standards für sein Contract & Claim Management definiert (und lässt diese initial den Auftragnehmer wissen), so kann er davon ausgehen, dass der potentielle Auftragnehmer des Projektes in Sachen Preisgestaltung, Fairness des Miteinanders, Aufzeigen von möglichen Problemen im Projekt, bestrebt sein wird, eine Win-win-Situation im Projekt zu schaffen.

Fazit:

Hohe ethische Standards für das Contract & Claim Management im Unternehmen zu definieren und niedergeschrieben dem Auftraggeber bereits mit Angebotsabgabe mitzugeben, schafft Vertrauen auf Auftraggeberseite. Dreht man dem Spieß um und der Auftraggeber gibt dem potentiellen Auftragnehmer eines Projektes bereits mit den Ausschreibungsunterlagen, ebenfalls niedergeschrieben, seine eigenen hohen ethischen Standards für das Contract & Claim Management mit, so schafft dies beim Auftragnehmer Vertrauen in die künftige Zusammenarbeit im Projekt. Gleichermaßen wird der Auftragnehmer in die Lage versetzt, wirtschaftlicher kaufmännisch kalkulieren zu können und seine Projektorganisation so aufzustellen, dass die spätere Projektabwicklung nicht von Unwägbarkeiten und deren Konsequenzen geprägt ist, die sich nur konfliktbeladen und langwierig beiseiteschaffen lassen.

 

„Win-win“ eben; durch Partnerschaftlichkeit, Transparenz und dem Willen zum Miteinander im Projekt. Und dies lässt sich durch hohe ethische Standards für das Contract & Claim Management erreichen.

 

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